Unsichere Beweislage gefährdet die Auslieferung


Panne im Krüger-Auslieferungsprozess: Die Anklage möchte den Prozess mangels Beweismaterials verschieben. Die Verteidigung ihrerseits wirft der Staatsanwaltschaft Hinhaltetaktik vor und lehnt eine Verschiebung entschieden ab. Ein Seilziehen zwischen Kläger und Verteidiger zeichnet sich ab. Sind die Krügers die lachenden Dritten?

Krüger_12 Cayman_1996 Northward PrisonDer Fall des konkursiten Berner Immobilienhändlers Peter Krüger kompliziert sich in der Karibik immer mehr. Der Auslieferungsprozess auf den CaymanInseln fing gestern mit einem Rückzieher der Anklage an. Eigens aus England angereist war Staatsanwalt James Turner. Und er fand heraus, was vorher niemand gemerkt hatte – und wurde dabei unsicher: Die Beweise gegen Krüger und seine Ehefrau Barbara stehen auf wackeligen Beinen. «Einzelne Anklagepunkte» seien im Dossier der Voruntersuchung aus der Schweiz «zu generell» formuliert und genügten den Anforderungen der hiesigen Rechtssprechung nicht. Zudem würden bei einzelnen Zeugenaussagen die schriftliche Bestätigung der offiziellen Stellen fehlen, führte Turner aus. Daher brauche die Anklage noch mehr Zeit.

Verteidigung interveniert

Nichts von einer Verschiebung des Prozesses in letzter Minute wissen wollte dagegen die Verteidigung. Auch Krügers Anwälte haben sich Unterstützung direkt aus England eingeflogen. Anwalt Alan Jones warf der Anklage vor, Zeit schinden zu wollen, um erneut «auf Fischzug» gegen Krüger zu gehen. Offenbar, so Jones, sei der Fall doch nicht so klar, wie die Anklage immer behauptet. Aber seit Krügers Verhaftung müsste doch genügend Zeit geblieben sein, um stichhaltige Beweise zusammenzutragen, sagte Jones. Ankläger James Turner führte daraufhin noch ein zweites Argument für eine Verschiebung an: Die Daten in Krügers Computer, der anlässlich der Verhaftung am 7. Februar beschlagnahmt worden ist, könnten erst seit zwei Wochen gelesen werden, weil Krüger vorher sein Passwort nicht bekanntgegeben habe. In den vergangenen Tagen habe man riesige Datenmengen kopiert und sei jetzt daran, Dokumente auszudrucken, die weitere, präzise Beweise liefern könnten. Turner schlug deshalb vor, den Prozess erst in einem Monat wieder aufzunehmen.

Krügers zufrieden

Das Ehepaar Krüger zeigte sich in der Mittagspause befriedigt vom Durcheinander, das die Anklage angerichtet hatte. Die Verhandlungen wurden erst am späten Nachmittag Ortszeit (nach Redaktionsschluss) wieder aufgenommen. Richter Jackson versprach, noch am Abend über eine allfällige Verschiebung des Auslieferungsprozesses zu entscheiden.

Der Bund, 30.4.1996 (PDF)


Tagged with: ,