«Die Schweiz hat keine Fehler gemacht»


Die Verschiebung des Krüger-Prozesses hat ein schiefes Licht auf die Berner Justiz geworfen. Aber laut Generalstaatsanwalt Richard H. Coles von den Cayman-Inseln waren nicht die mangelhaften Beweise der Hauptgrund für die Verschiebung des Auslieferungsprozesses.

Krüger_05 Cayman_1996«BUND»: Reicht das Beweisdossier aus der Schweiz nicht aus, um hier vor Gericht die Frage nach einer Auslieferung zu klären?

RICHARD H. COLES: Das haben wir nie behauptet. Wir haben nur gesagt, dass einzelne Beweise fehlen oder vielmehr nicht in geeigneter Form vorliegen. Die Probleme liegen in den unterschiedlichen Rechtsprechungen der beteiligten Staaten begründet. Die Schweiz hat keine Fehler gemacht. Denn in der Schweiz sind sogenannte «Hörensagen-Dokumente», also etwa Zeugenaussagen oder Einvernahmeprotokolle, als Beweismittel zulässig. Hier jedoch nicht.

Warum wurde der Prozess so kurzfristig verschoben? Hätte man die Mängel nicht schon längst feststellen müssen?

Der Hauptgrund für die Prozessverschiebung lag ganz woanders. Wir hatten damit gerechnet, noch vor Prozessbeginn die Daten aus Krügers Computer auswerten zu können. Das war nun leider nicht möglich, weil uns Peter Krüger sein Passwort erst vor zwei Wochen bekanntgab. Daher entschlossen wir uns sehr kurzfristig, den Prozess zu verschieben. Aber wenn unbedingt nötig, hätten wird durchaus aufgrund des Dossiers aus der Schweiz prozessieren können.

Es wurde Ihnen vorgeworfen, dass Sie dem Berner Untersuchungsrichter Hermann Fleischhackl bei seinem Aufenthalt hier Einblick in Ihre Ermittlungen gewährten. Werden Sie nun die Daten aus Krügers Computer an die Schweizer Justiz weitergeben?

Krüger_26a Cayman_1996 Richard H Coles, James TurnerNein, das dürfen wir nicht, noch nicht. Unsere Aufgabe ist es vorläufig, über die Frage der Auslieferung zu entscheiden. Und dazu führen wir unsere eigenen Ermittlungen durch. Sollte es aber zu einer Auslieferung kommen, werden wir der Schweizer Justiz die Unterlagen zur Verfügung stellen.

Die Cayman-Inseln haben einen ähnlich schlechten Ruf wie die Bahamas, finanzstarke Wirtschaftsflüchtlinge mit offenen Armen aufzunehmen. Im Fall Krüger demonstrieren Sie nun Härte. Wollen Sie auf diese Weise auch das Image der Inseln aufpolieren?

Nur schlecht informierte Leute spekulieren darüber, was hier alles möglich ist. Diese Gerüchte sind unwahr. Die Cayman-Inseln sind ein sehr angesehener und qualifizierter Finanzplatz, genau wie etwa die Schweiz, London und New York. Aber Sie haben recht: Es ist immer wieder nötig, gegen aussen Klarheit zu schaffen, insbesondere in Übersee und Europa.

Schielen Sie manchmal auch ein bisschen zur Nachbarinsel Bahamas hinüber, um zu sehen, wie dort die Behörden mit Werner K. Rey umgehen?

Nein. Was auf den Bahamas passiert, hat mit uns hier überhaupt nichts zu tun. Die beiden Fälle stehen für uns in keinem Zusammenhang.

Was unternehmen Sie, um schmutziges Geld und Leute wie Peter Krüger von den Cayman-Inseln fernzuhalten?

Unser Gesetz duldet keinen Missbrauch der Inseln als Fluchtort. Die Banken sind verpflichtet, ihre Kunden und die Herkunft von Geldern zu überprüfen. Wenn der Verdacht auf schmutzige Geschäfte besteht, verfolgen wir eine absolut klare Politik: Solche Leute wollen wir nicht auf der Insel. Wenn in einem solchen Fall aus dem Ausland ein Rechtshilfegesuch kommt, freuen wir uns auf die Zusammenarbeit und bemühen uns sogar aktiv darum.

Der Bund, 2.5.1996 (PDF)


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