Böse Überraschung für Barbara Krüger


Krüger_09a Cayman_1996 The Island Victorian in Cayman KaiPeinliche Szenen beim Auftakt zum Krüger-Prozess in der Karibik: Die Staatsanwaltschaft war offenbar ungenügend vorbereitet. Der Prozess wurde auf den 21. Mai verschoben. Profitieren vom Durcheinander konnte Barbara Krüger. Sie wurde noch am Abend auf freien Fuss gesetzt – ihr Haus kann sie aber noch nicht geniessen.

Peter Krüger hatte schon immer Zuversicht markiert. Er habe schliesslich «nichts Unrechtes» getan, sagte er auch kurz vor Prozessbeginn. Deshalb habe er die drei Monate im Gefängnis gut überstanden. Am ersten Prozesstag schien sich die Zuversicht des ehemals erfolgreichen Immobilienhändlers zu rechtfertigen.

Für seine Ehefrau Barbara sind während Tagen und Nächten in der Haft «gute Freunde und Bekannte» der Lebensnerv gewesen. Eine Freundin war es denn auch, die ihre Unterschrift unter eine Bürgschaft von umgerechnet 150 000 Franken setzte, damit Barbara Krüger die neuen Kautionsbedingungen erfüllen und aus dem Gefängnis entlassen werden konnte. Für weitere 150 000 Franken Bargeld verpfändete sie Liegenschaften. Eine Bank leistete ihrerseits eine Garantie in derselben Höhe, so dass die Kautionssumme von insgesamt 450 000 Franken oder in Lokalwährung 300 000 Cayman-Dollar sichergestellt werden konnte.

Zuerst den Hund abgeholt

Krüger_08 Cayman_1996Überglücklich verliess sie dann am Abend das Gefängnis. Als erstes ging sie ihren geliebten Hund abholen, der seit ihrer Verhaftung bei besagter Freundin untergebracht war. Dann kehrte sie in ihr Haus in Cayman Kai zurück, wo sie und ihr Ehemann am 7. Februar verhaftet worden waren. Er muss vorerst in seiner Zelle im Northward-Gefängnis bleiben. Einmal mehr hatte der Richter für ihn jede Kaution abgelehnt, wegen Fluchtgefahr.

Zuhause erlebte sie aber eine böse Überraschung: Diebe waren während ihrer dreimonatigen Abwesenheit in das Heim eingedrungen. Dabei haben sie unter anderem die Wasserversorgung zerstört. Bis diese repariert ist, darf sie mit Zustimmung des Gerichts während zweier Wochen bei einer Freundin wohnen.

Doch was hatte Richter Peter Jackson überhaupt bewogen, die Kaution für Barbara Krüger von ursprünglich fast 4 Millionen Franken nun plötzlich auf bescheidene 450 000 Franken zu reduzieren? Es war die äusserst wackelige Beweislage im Dossier der Voruntersuchung aus der Schweiz, besonders im Fall Barbara Krüger. Konkret geht aus den Akten hervor, ob sie tatsächlich der Beihilfe und Anstiftung zum betrügerischen Konkurs schuldig ist. Bewiesen wird nur, dass ihr von ihrem Ehemann Peter in den Jahren 1990 bis 1993 diverse Vermögenswerte überschrieben wurden. Dazu gehört eine Liegenschaft in Frankreich ebenso wie der ominöse Ferrari Testarossa, ein Mercedes und ein Privatflugzeug. Die Schweizer Untersuchungsbehörden müssten jedoch beweisen können, dass Barbara Krüger gewusst hatte, warum all dieses Vermögen auf ihren Namen transferiert wurde. Die Bemerkung der Anklage vor Gericht, man könne ja wohl davon ausgehen, dass Barbara Krüger über die Hintergründe dieser Transaktionen im Bild gewesen sei, quittierten Krügers Anwälte mit Gelächter.

Angefangen hatten die Unsicherheiten schon vor dem ersten Prozesstag («Bund» von gestern). Der englische Staatsanwalt James Turner wollte am Wochenende eine Liste der konkreten Anklagepunkte zusammenstellen, um diese wie üblich zu Prozessbeginn der Verteidigung zu eröffnen. Da erst merkte er, dass vor Gericht gleich mehrere Punkte kaum zu beweisen wären. Das Dossier aus der Schweiz war offensichtlich nicht so stark, wie immer behauptet wurde. James Turner vermied es zwar, die Ermittler in Bern für das Debakel verantwortlich zu machen. Er sprach lediglich von «unterschiedlichen juristischen Gepflogenheiten» der beteiligten Staaten und versuchte, die gravierenden Mängel als eine rein formelle Angelegenheit herunterzuspielen. Trotzdem war eine leise Kritik am Schweizer Dossier unüberhörbar.

James Turner war jedenfalls derart verunsichert, dass er eine Verschiebung des Prozesses beantragte, um nicht das ganze Auslieferungsverfahren zu gefährden. Er versprach, die ausstehenden Beweise in der Schweiz zu beschaffen und innert einem Monat nachzuliefern. So werde er aus dem normalen «schwachen Fall» wieder einen «starken Fall» machen. Obschon Krügers Anwälte darauf bestanden, den Prozess wie vorgesehen durchzuführen, gab Richter Peter Jackson dem Antrag auf Verschiebung am späten Nachmittag statt. Als neuen Termin vereinbarten die Parteien dann gestern den 21. Mai.

Bis dahin haben Anklage und Verteidigung Zeit, weitere Informationen aus Krügers Computer herauszuholen. Der PC wurde zwar bereits am 7. Februar beschlagnahmt. Krüger hat das Passwort aber erst vor zwei Wochen bekanntgegeben. Staatsanwalt James Turner liess durchblicken, dass ihm die Pause zusätzlich gelegen kommt, weil er bei der Analyse der Computerdaten auf weitere Beweise zu stossen hofft.

Die Berner Behörden werfen dem gescheiterten Immobilienunternehmer Peter Krüger ungetreue Geschäftsführung, Betrug, betrügerischen Konkurs, Urkundenfälschung und Hehlerei vor. Krüger habe Vermögenswerte ins Ausland geschafft und vor den Konkursbehörden geheim gehalten. Der Deliktsbetrag wird von den Berner Behörden mit 24 Millionen Franken angegeben. Im Konkursverfahren gegen Krüger und sein verschachteltes Firmenimperium sind Forderungen von 320 Millionen Franken angemeldet worden. 200 Millionen davon werden mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr auftauchen.


Tagged with: , ,